Blog | Ich werde Fahrdienstleiterin

13.04.2021
ÖBB-Fahrdienstleiterin Irene Lachkovics in Uniform: Eine rote Kappe in der Hand, ein schön gebundenes Halstuch und ein eingesticktes ÖBB-Logo auf der Uniform

ÖBB-Fahrdienstleiterin Irene Lachkovics' Reise zu ihrem heutigen Beruf wurde von der FiT-Frauenberatung von ABZ* AUSTRIA begleitet, die vom AMS Wien gefördert wird.

ÖBB-Fahrdienstleiterin Irene Lachkovics: "Der letzte Zug ist noch nicht abgefahren!"

Wer in diesem Jahr mit dem Zug durch Groß Weikersdorf gefahren ist, der hatte vermutlich schon einmal Kontakt mit Irene Lachkovics – zumindest indirekt. Denn genau dort ist die Fahrdienstleiterin verantwortlich für reibungslose Abläufe. Kein Zug verlässt den Bahnhof, ohne von Irene Lachkovics unter die Lupe genommen zu werden. Die Reise zu ihrem heutigen Beruf wurde von der FiT-Frauenberatung von ABZ*AUSTRIA begleitet, die vom AMS Wien gefördert wird.

"Ich werde Fahrdienstleiterin"

Eine rote Kappe in der Hand, ein schön gebundenes Halstuch und ein eingesticktes ÖBB-Logo auf der Uniform – schon das ruhige und ausgeglichene Auftreten von Irene Lachkovics suggeriert: Hier steht eine Frau, die genau das macht, was sie machen möchte. Mit 54 hat sie die Karten ihrer beruflichen Karriere noch einmal neu gemischt und mithilfe des FiT-Programms und den ÖBB die Ausbildung zur Fahrdienstleiterin absolviert. Heute ist sie in Groß Weikersdorf dafür zuständig, dass die Züge alle pünktlich ein- und wieder ausfahren und die Passagiere sicher von A nach B kommen. An Ausbildungen mangelt es der fröhlichen Frau nicht. Die gelernte Uhrmachermeisterin, Fitnesstrainerin und Sicherheitsfachkraft - um hier nur einige zu nennen - bildet sich gerne weiter. Neben der Pflege ihrer Mutter blieb dann aber dafür und für einen Vollzeitjob keine Zeit. Bei ihrer geringfügigen Anstellung als Fitnesstrainerin erzählt ihr eine Freundin vom FiT-Programm von ABZ*AUSTRIA und entzündet damit ein Motivationsfeuer, das bis heute zu brennen scheint. "Das FiT Programm ist das einzige, das mir weitergeholfen und etwas gebracht hat", erzählt sie über die Anfänge. "Das Tolle bei dem Programm ist, dass man sich nicht nur die Berufe ansehen kann, sondern auch immer eine Firma dahintersteht. Wenn eine Firma selbst ausbildet, ist sie auch interessiert daran, dass sie die Leute behält." Nach einem Schnuppertag bei den ÖBB ist für Irene Lachkovics schnell klar: "Ich werde Fahrdienstleiterin."

Und auch die ÖBB sahen das ähnlich. Vor ihrer Ausbildung musste sie jedoch ein Aufnahmeverfahren durchlaufen. Reaktionstest, Gedächtnisleistung, psychologischer Test – die Anforderungen sind so facettenreich wie ihr späterer Beruf selbst. Obwohl sie sich gewissenhaft auf die Tests vorbereitet hatte, war sie doch nervös, verrät sie mit einem Lächeln auf den Lippen. "Ich war mordsaufgeregt – im Alter weiß man, um was es geht", setzt sie ernster nach. Doch sie beweist starke Nerven und geht in den Prüfungen an ihr Limit, wie sie berichtet. Der Einsatz wird belohnt und mit dem erfolgreichen Vorstellungsgespräch ist der letzte Schritt geschafft und sie darf die Ausbildung zur Fahrdienstleiterin beginnen. Ein verantwortungsvoller Beruf, wie schon zu Beginn der Ausbildung immer wieder betont wird. Diese offene und direkte Art weiß sie bis heute an ihrem neuen Arbeitgeber zu schätzen. "Das habe ich noch nie sonst erlebt, dass das so umgesetzt wird, das war ganz toll", erzählt sie strahlend.

"Es ist wie eine neue Sprache lernen"

Auch Irene Lachkovics berichtet ehrlich, dass die Ausbildung nicht immer leicht war. In diesen Monaten besteht ihr Leben aus Lernen, Wiederholen und dem Anwenden der Theorie in der Praxis. In verschiedenen Modulen, die sie in Villach, St. Pölten und Wien absolviert, lernt sie alles, was sie als Fahrdienstleiterin wissen muss. Besonders der Gruppenzusammenhalt ist ihr in dieser Zeit wichtig "Ich hatte das Glück, dass wir eine gute Gruppe von zwanzig Leuten waren. Ich konnte jederzeit zu jedem gehen und nachfragen, wenn ich etwas nicht wusste – das war das Schöne daran." Hört man Irene Lachkovics zu, hat man den Eindruck, vor einem sitzt eine Frau, die durchzieht, was sie sich vorgenommen hat, und die selbst ihre strengste Kritikerin und Motivatorin ist. "Es kommt ganz viel auf deine eigene Einstellung an. Ich bin Steinbock im Sternzeichen - ich nehme mir was vor und drücke es auch durch", bestärkt sie diese Vermutung lachend und erzählt im gleichen Atemzug, was sie nicht alles noch besser machen möchte. Trotzdem freut sie sich über die Bestärkung, die sie von Kolleg*innen bekommt, die ihren Berufswechsel bewundern. Dabei betont sie aber auch, dass es ohne den Rückhalt und die Unterstützung ihrer Familie, die in dieser Zeit die Pflege ihrer Mutter übernommen hat, nicht geklappt hätte.

Dieser Zusammenhalt hat sich gelohnt und seit Anfang Jänner ist sie nun als Fahrdienstleiterin in Groß Weikersdorf tätig. In der Praxis bedeutet das, dass Irene Lachkovics in ihrem Bahnhof alle Prozesse koordiniert, wenn ein Zug einfährt: Welches Gleis benutzt der Zug? Werden Waggone abgekoppelt? Funktionieren alle Lichter? Wurden alle Schranken rechtzeitig geschlossen? Muss dem Nachbarbahnhof eine Störung bekanntgegeben werden? Ihre tägliche Arbeit erfordert nicht nur ein hohes Verantwortungsbewusstsein, sondern auch fokussiertes und präzises Arbeiten sowie schnelle Reaktionsfähigkeit, sollte es zu einer Störung kommen. Kein Tag gleicht dem anderen und das gefällt Irene Lachkovics. Das merkt man nicht zuletzt an den vielen liebevoll erzählten Anekdoten über den Kontakt mit Passagier*innen und Kolleg*innen oder Erzählungen von wagemutigen Hasen, die sie in der Dämmerung auf den Gleisen besuchen.

Mut, neue Wege zu gehen

"Ich hab mich nie geschreckt, was Neues anzufangen. Ich kann auf eine lange Berufsphase zurückblicken und nach so vielen Jahren braucht man eine neue Herausforderung." Genau deswegen ist sie so glücklich bei den ÖBB, denn auch hier könnte sie sich in verschiedene Richtungen entwickeln. Berichtet sie jedoch euphorisch über ihren Alltag, hat man den Eindruck, dass sie genau dort angekommen ist, wo sie sein will. Mit einem Augenzwinkern schließt sie das Gespräch mit den Worten "Der letzte Zug ist noch nicht abgefahren" ab.