Blog | Buslenkerin, Schienenschweißerin oder Fahrdienstleiterin

30.11.2017
Silvia Kaupa-Götzl vor einem Postbus-Fahrplan

Silvia Kaupa-Götzl: Viele Frauen haben zu wenig Zuversicht in ihr Können. Sie haben oft nicht am Radar, dass sie auch in einer Werkstätte arbeiten oder Fahrdienstleiterin werden könnten.

Mit speziellen Förderungsprogrammen möchten die ÖBB den Frauenanteil in technischen Berufen erhöhen. Geschäftsführerin Silvia Kaupa-Götzl setzt sich für Mädchen und Frauen im Unternehmen ein.

"Knappe sechs Prozent der Buslenker*innen sind Frauen – Tendenz steigend. Im Recruiting Bereich wird verstärkt auf Frauen gesetzt, damit traditionelle Rollenmuster aufgebrochen werden. Die Fahrgäste reagieren auf die Entwicklung ausschließlich positiv", erzählt Silvia Kaupa-Götzl im Interview.

Welche Stolpersteine gibt es für Frauen noch immer in technischen Berufen?

Silvia Kaupa-Götzl: Viele Frauen haben zu wenig Zuversicht in ihr Können. Sie haben oft nicht am Radar, dass sie auch in einer Werkstätte arbeiten oder Fahrdienstleiterin werden könnten. Das Interesse wird oft nicht in der Schule gefördert. Es wird nicht vermittelt, dass Mädchen genauso gut einen Bus oder eine Lok lenken können wie Männer. In Wirklichkeit ist es reine Gewöhnungssache, wie das Autofahren. Das ist kein Problem für Frauen.

Welche Förderprogramme für Frauen gibt es bei den ÖBB?

Da gibt es mehrere Ebenen bei den ÖBB. Wir haben ein internes Netzwerk, wo sich Frauen austauschen und Vorträge halten, um von anderen Frauen im Unternehmen zu lernen. Wir haben spezielle Angebote für Frauen mit Familie. Hier arbeiten wir mit flexibleren Arbeitszeiten, Home-Office Möglichkeiten, um alles etwas einfacher zu machen. Wir suchen konkret nach Mädchen und Frauen für technische Berufe. In der Lehrlingswerkstatt werden gezielt Mädchen angesprochen, die dann die gleiche Ausbildung wie Buben erhalten. Damit wollen wir mehr Mädchen in Eisenbahntechnische Berufe bringen. Mädchen können genauso gut Fahrdienstleiterin oder Schienenschweißerin werden. Wir suchen sowohl jüngere, wie auch ältere Frauen in technischen Berufen, zum Beispiel Triebfahrzeugführerinnen oder Buslenkerinnen. Vor einiger Zeit konnte man sich nicht vorstellen, dass eine Frau eine Lokomotive mit 10.000 PS fährt. Aber das können Frauen und die suchen wir. Das muss man in die Welt hinaustragen.

Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Frauen in großen Unternehmen erfolgreich sein können?

Das Unternehmen muss den Mehrwert, den Frauen mitbringen, erkennen. Frauen bringen tendenziell andere Fähigkeiten, wie eine höhere Sozialkompetenz und weniger Risikobereitschaft, ins Unternehmen ein. Eine gute Mischung von Frauen und Männer hat für ein Unternehmen nur Vorteile. Ich habe auch gehört, dass sich die Gesprächskultur mit Frauen in Meetings verändert. Man geht tendenziell höflicher, konstruktiver, wertschätzender und respektvoller miteinander um. Diese Vorteile müssen anerkannt werden.

Wie kann man sich in eher männlich dominierten Berufsfeldern durchsetzen?

Durchsetzen heißt, dass man keine Angst davor hat, dass das was man sagt, anderen Leuten nicht gefällt. Ich bin immer dafür, dass man Dinge konstruktiv anspricht, aber offen und ehrlich. Da muss man beharrlich sein. Wenn man sachlich argumentiert und überzeugend seinen Standpunkt dem Gegenüber erklärt, wird man sich auch durchsetzen.

Wer hat Sie auf Ihrem Karriereweg besonders beeinflusst?

Mir sind besonders Leute in Erinnerung geblieben, die mir Rückhalt gegeben haben und mich in dem, wie ich bin und was ich tue, unterstützt haben. In meinem ersten Job in einer Rechtanwaltskanzlei war ein Senior Partner, der mich stark gefördert hat. Er war 70 Jahre alt und ganz toll. Von ihm habe ich extrem viel mitgenommen. Bei den ÖBB habe ich am Anfang ganz viel Neues dazugelernt, denn wenn einem jemand Rückhalt gibt, lernt man unheimlich viel. Rückhalt heißt für mich, dass man Feedback bekommt, auch herausgefordert wird, tolle Aufgaben zugeteilt bekommt und einem Vertrauen entgegengebracht wird.

Was bedeutet Erfolg für Sie?

Erfolg ist, wenn ich aufstehen, in den Spiegel schaue und denke: Mir geht es gut. Das ist auch Glück und Zufriedenheit.