Blog | G'riss um die G'schäftsfrauen

05.10.2017
Große Gruppe von Gschäftsfrauen mit ABZ*AUSTRIA-Geschäftsführerin Manuela Vollmann - alle lachen.

Die Bandbreite des weiblichen Unternehmerinnentums war enorm: Eine Marketingfachfrau, eine Modedesignerin, eine Pferdedolmetscherin, eine Tätowiererin und Permanent Make-up Artistin, eine Seifenproduzentin. Ganz links: ABZ*AUSTRIA-GF Manuela Vollmann

Die "Gschäftsfrauen" beendeten ihr Projekt unterhaltsam in einer burgenländischen Dorfscheune. Von kleinen Fallen und großen Erfolgserlebnissen.

"Bis des Gschäft offen is, da kann schon einiges passieren, gell?" Die Einladung versprach einen launigen Abend in der Dorfscheune Buchschachen bei Markt Allhau, und das war der Abschluss des Unternehmerinnen-Projekts "Gschäftsfrauen" des ABZ*AUSTRIA im Burgenland auch. Seit Oktober 2016 wurden 28 Frauen in Sachen Gründung und Selbstständigkeit beraten und qualifiziert.

Alle waren sie gekommen: Landesrätin Verena Dunst, ohne deren Einsatz und Finanzierung das Förderprojekt für Jungunternehmerinnen in der Region nicht möglich gewesen wäre. Das Projekt wurde auch durch die Unterstützung des Europäischen Sozialfonds ermöglicht. ABZ*AUSTRIA-Geschäftsführerin Manuela Vollmann war dabei wie Projektleiterin Daniela Friedrich und die beiden Coaches und Begleiterinnen Susanne Drdla und Petra Pfeiffer. Und natürlich die Gschäftsfrauen selbst, die über das Projekt Coaching, Beratung, Hilfe bei Konkretisierung der Geschäftsidee, bei der Erstellung des Businessplans und des Marketingkonzepts bekamen. Frauen, die selbst etwas auf die Beine stellen wollten, um der Region zum weiteren Aufschwung zu verhelfen.

Und das unterstrich auch die Landesrätin beim Überreichen der Zertifikate: "Wenn Sie heute Erfolg haben wollen, brauchen Sie etwas in der Hand, das zeigt, was Sie können." Das Burgenland ist Gründer*innen-Bundesland Nummer eins in Österreich mit einer Neugründungsquote von 10 Prozent im Jahr 2016. Bundesweit spitze ist dort auch der Frauenanteil: Fast 72 Prozent der neuen Gründer*innen sind Frauen, unter den Selbstständigen sind es 51 Prozent.

Der Drang nach Freiheit

Die Bandbreite des weiblichen Unternehmerinnentums war enorm: Eine Marketingfachfrau, eine Modedesignerin, eine Pferdedolmetscherin, eine Tätowiererin und Permanent Make-up Artistin, eine Seifenproduzentin, eine Künstlerin: Sie und noch einige mehr waren gekommen, um auf der Bühne nicht nur über ihre Motive der Selbstständigkeit einiges zu verraten ("Freiheit", "Vereinbarkeit mit der Familie", "Entfaltung", "selbstbestimmt erfolgreich sein"), sondern auch in anschaulichen Szenen des Unternehmerinnen-Alltags ein Kabarett auf die Beine zu stellen. Die Unternehmerinnen, die sich heillos durch den Tag prokrastinieren, Stress bekommen (Ich muss zur Bank/ Ich brauch jemanden für Social Media/ Ich muss meinen PR-Text schreiben), monatelang auf den Gewerbeschein warten müssen oder sich im Gruppencoaching vor dem Businessplan drücken.

Beim Projekt erhielten die Frauen im Einzelcoaching Orientierung zur geplanten Selbstständigkeit, wie Projektleiterin Daniela Friedrich auf dem Podium erzählte. Sie bekamen relevantes Wissen in 18 Workshops vermittelt – von BWL über Marketing und Social Media bis Produktfotografie.

Der Status ihrer Selbstständigkeit war sehr unterschiedlich: von der vagen Geschäftsidee bis zur erfahrenen Unternehmerin, die wachsen will, waren alle Facetten dabei.

Die Modedesignerin

Petra Grassel etwa, ist seit 2007 als Modedesignerin (www.petragrassel.com) selbstständig. "Das war aus der Not heraus, ich habe nahe dem Neusiedler See gewohnt, mit meinem Mann und meinen zwei Kindern. Und wollte in der Nähe der Kinder arbeiten", erzählt die Modeschul-Absolventin, die ihren Weg nach einem Job in der Versicherungsbranche, einem begonnenen Architekturstudium und einer mehrjährigen Auszeit in der Kinderbetreuung fand. Ihre Wege führten sie über eine anfängliche Taschenkollektion zur Haute Couture samt Spitzenkleidern und Yoga- und Sportbekleidung. Beim Event zeigte sie ihre Modelle auf der Modenschau. Ihr derzeitiges Highlight ist funktionelle Skiunterwäsche für Frauen, in der sie Denzel mit Spitze vernäht. Sie lässt in Portugal nachhaltig produzieren und hat soeben ihren Prototyp fertiggestellt. "Das Gschäftsfrauen-Projekt hat mir sehr geholfen. Ich hatte früher ein Geschäft, das Projekt hat mich sehr bestärkt, Online-Marketing zu betreiben." Gerade arbeitet sie an einem Pop-up Store, demnächst will sie in einer Produktionsstätte im burgenländischen Dürnbach Spitzenkleider produzieren.

Die Künstlerin

Zudem hat sie mit Christin Pala, einer französischstämmigen Malerin, eine Kooperationspartnerin gewonnen: Pala zeichnet die Designs für ihre vielversprechende neue Innovation. Die Französin hat die Liebe ins Burgenland gebracht. Ehe sie ihre Kinder bekam, arbeitete sie in Wien als Grafikerin. Nach der Kinderzeit war es nicht einfach, einen Job zu finden. Sie hat sich daher mit "Christins Atelier" (www.christinsatelier.com) selbstständig gemacht und bietet dort Kreativ- und Mal-Workshops für alle Altersklassen an. "Mir hat Gschäftsfrauen sehr viel gebracht. Anfangs dachte ich: ich mach mich selbstständig, eröffne ein Atelier und verlange 6 Euro pro halbe Stunde Workshop. Beim Projekt hab ich die unternehmerische Seite gelernt: Buchhaltung, rechtliche Rahmenbedingungen, Akquise, Marketing und dass man auch seinen Preis verlangen darf."

Grassel rät angehenden Unternehmerinnen dazu, Schritt für Schritt zu wachsen. "Ich habe sehr langsam und beständig das verdiente Geld immer wieder investiert, so konnte ich nach der Taschenkollektion eine Modekollektion entwerfen", sagt sie. Das ist auch ein Merkmal von Gründerinnen: sie sind nicht ganz so risikofreudig, dafür gibt es ihre Unternehmen im Schnitt deutlich länger als die der Männer.