ABZ*AUSTRIA zum Absturz Österreichs beim Global Gender Report 2023

21.06.2023

Eine dramatische Verschlechterung von Österreich meldet das Weltwirtschaftsforum (WEF) in seiner jährlich erstellten globalen Rangliste der Gleichstellung  zwischen Männern und Frauen. Österreich rutscht auf Rang 47 unter 146 Ländern ab. Das ist gegenüber 2022 eine Verschlechterung um 26 Plätze. Das WEF führt das u.a. auf den gesunkenen Anteil an Ministerinnen in der Regierung zurück. 

„In der Bundesregierung sank der Frauenanteil von 46,7 Prozent im Jahr 2021 auf nunmehr 35,7 Prozent im Jahr 2022. Laut dem Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen  sind nur noch fünf von 14 Regierungsmitgliedern weiblich; im Jahr davor waren es hingegen noch sieben von 15. 2021 bestand die Regierung noch fast zur Hälfte aus Frauen, 2022 sind es nur noch ein bisschen über einem Drittel, das ist wirklich dramatisch“, ist Manuela Vollmann, ABZ*AUSTRIA Geschäftsführerin, besorgt. „Ohne verpflichtende Frauenquote – in Politik und Wirtschaft –, ohne einen Rechtsanspruch auf qualitativ wertvolle und leistbare Kinderbetreuung und vor allem ohne verpflichtende Väterkarenz wird es nicht funktionieren.“

 

Man sieht deutlich, die Quote wirkt. Wir brauchen mehr Frauen in Entscheidungspositionen, nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft, in den Unternehmen.

Manuela Vollmann, Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA

Bei der Geschlechtergleichstellung in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit und Bildung hat das WEF zwar leichte Verbesserungen festgestellt, für Österreich ist aber noch jede Menge zu tun. Vollmann verweist auf Spitzenreiter Island, das bereits das 14. Jahr in Folge den ersten Platz einnimmt: „Wenn ein isländischer Vater nicht in Karenz geht, verfallen seine Karenzmonate. ‚Choose it or lose it‘ ist das Motto. Das Ergebnis: 90 Prozent der isländischen Väter sind oder waren in Karenz.“

Die Quote wirkt
Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen hat sich seit Einführung der Quote deutlich erhöht, von 22,4 Prozent im Jänner 2018 auf 35 Prozent im Jänner 2023.  „Man sieht deutlich, die Quote wirkt. Wir brauchen mehr Frauen in Entscheidungspositionen, nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft, in den Unternehmen“, empfiehlt Vollmann. 

Modell Elternzeit 30/30
Die Geburt eines Kindes ist nach wie vor der Knackpunkt im Leben einer Frau. Hier entscheidet sich in der Regel ihre weitere Berufslaufbahn: Studien zeigen, dass Einkommen und Karrierechancen danach dramatisch sinken.  Kinder großzuziehen und Familienarbeit zu leisten sind zentrale gesellschaftliche Aufgaben, die partnerschaftlich geteilt werden sollten. Die jüngere männliche Generation ist auch bereit, eine aktive Vaterschaft zu leben. Ein neues ergänzendes Elternzeit-Modell würde den Ausstieg aus tradierten Rollenzuschreibungen möglich machen und neue gewünschte Familienrollen unterstützen. „Das Modell Elternzeit 30/30 unterstützt die Familienarbeit beider Elternteile nach der Geburt eines Kindes. Jungfamilien werden entlastet, indem beide Eltern Anspruch auf die Reduktion ihrer Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden und eine finanzielle Unterstützung durch einen teilweisen staatlichen Lohnausgleich erhalten. Wir regen dazu an, dieses Modell budgetär zu unterstützen. Es bietet zeitliche und finanzielle Entlastung für junge Eltern in einer zentralen, oft schwierigen Lebensphase und schafft gleiche Berufs- und Karrierechancen für junge Eltern. Es unterstützt somit die Chancengleichheit von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt, die Reduktion des Gender Pay Gaps, des Motherhood Pay Gaps und in weiterer Folge auch des Pensions Gaps. Altersarmut ist weiblich“, sagt Vollmann.

Gender Pay Gap
Im EU-Vergleich zählt Österreich immer noch zu den Ländern mit den größten geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden und liegt mit 18,8 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt von 12,7 Prozent.  „Wir brauchen auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik mit qualitativ wertvollen Programmen, um junge Frauen in Zukunftsjobs im Umwelt- und Technik-Bereich zu bringen. Wir brauchen Diversität in Technologie und Entwicklung. Fortschritt kann nicht nur von Männern für Männer gemacht werden. Auch Frauen und Menschen unterschiedlicher Herkunft müssen Teilhaber*innen an und Gestalter*innen von Digitalisierung sein dürfen. Besonders erschreckend ist, dass sich der Abstand zwischen den Geschlechtern im vergangenen Jahr nur minimal verringert hat. Laut Berechnung des WEF soll sich die Lücke zwischen Frauen und Männern global erst in 131 Jahren schließen, in Europa immerhin in 67 Jahren – das dauert noch viel zu lange“, so Vollmann.