Blog | Vom (Plan-)Spiel zur Umsetzung

24.04.2019
Gruppenbild: Die Teilnehmerinnen des Projekts Gschäftsfraun

Teilnehmerinnen des Projekt Gschäftsfraun, das Frauen aus dem südlichen und mittleren Burgenland dabei unterstützt, sich selbständig zu machen.

… oder wie burgenländische [Gschäftsfraun] dazu kommen ihre Genossenschaft gründen zu wollen.

Können Sie sich vorstellen, eine Genossenschaft zu gründen? Nein? Die Teilnehmerinnen des Projekts [Gschäftsfraun] und andere Interessierte konnten das auch nicht. Seien Sie ehrlich, wussten Sie, dass es mit einer Genossenschaft möglich sein kann wie eine Unternehmerin vollkommen selbständig zu arbeiten, dabei aber gleichzeitig den Nutzen einer Anstellung mit allen Sozialleistungen zu genießen? Klingt zu gut um wahr zu sein, ist es aber nicht. Aber fangen wir am Anfang an:

Das Projekt [Gschäftsfraun] unterstützt Frauen aus dem südlichen und mittleren Burgenland sich selbständig zu machen. Wichtig ist dabei die nachhaltige und existenzsichernde Gründung, vor allem für Frauen im ländlichen Raum zu ermöglichen. Viele Einzelunternehmerinnen sind interessiert.

Ein spezieller Schwerpunkt des Projekts ist die Gründung im bäuerlichen Bereich. Bäuerinnen, die ihre Produkte an die Frau und den Mann bringen wollen, sollen genauso adäquat unterstützt werden, wie Frauen, die sich im gewerblichen Bereich selbständig machen wollen. Um noch mehr Informationen dazu zu erhalten, wie speziell Bäuerinnen wirkungsvoll begleitet werden können, wurden Entwicklungswerkstätten geplant, um relevante Unterschiede und auch Möglichkeiten für Bäuerinnen auszuloten. Was sind Erfolgsfaktoren? (Entwicklungswerkstatt 1) Welche Rollen und Klischees "laufen" speziell bei Bäuerinnen und wie hemmen und unterstützen sie? Die Entwicklungswerkstatt 2 beleuchtete das Thema "Regionalgenossenschaft für Frauen".

Gemeinsam mit der Genossenschaftsexpertin Marianne Gugler wurde ein Workshop-Angebot in 3 Schritten entwickelt und dann im Technologiezentrum in Güssing umgesetzt.

Plakate des Projekts Gschäftsfraun

Ein spezieller Schwerpunkt des Projekts ist die Gründung im bäuerlichen Bereich. Bäuerinnen, die ihre Produkte an die Frau und den Mann bringen wollen, sollen genauso adäquat unterstützt werden, wie Frauen im gewerblichen Bereich.

Schritt 1: Information - Wie kann eine Regionalgenossenschaft aussehen?

"Gemeinsame Produktionsstätten, Beschäftigungsgenossenschaft, gemeinsame Vermarktung, ...?
Informationen von einer Expertin und Erfahrungsberichte."

Marianne Gugler informierte klar und anschaulich über die Besonderheiten und Chancen von Genossenschaften. Viele Teilnehmende waren überrascht darüber, welche Möglichkeiten sich hier für sie auftun können. Besonders interessant waren auch die Erfahrungsberichte von Frau Gugler. Sie hat schon mehrere Genossenschaften (mit-)gegründet und arbeitet selbst für eine Beschäftigungsgenossenschaft, oteloGen.

Besonders gefreut hat uns auch die Teilnahme von Landesrätin Astrid Eisenkopf, die sich sehr für das Thema interessiert hat und aktiv dabei war. Manuela Vollmann, die Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA war ebenfalls vor Ort und hoch interessiert.

Schritt 2: Geschäftsfelder und kann das etwas für mich sein?

"Mein Geschäft - Dein Geschäft - Unsere Genossenschaft?"

Hier wurden Interessierte angesprochen, die sich vorstellen konnten, eine Genossenschaft zu gründen. Sie bekamen die Möglichkeit im Laufe des Workshops ihre eigenen Geschäftsfelder auf die Idee einer Genossenschaft umzulegen. Die ersten konkreten Überlegungen waren möglich, wenn auch noch auf eher theoretischer Ebene. Deshalb kam dann der dritte Schritt: die Praxis durchspielen.

Schritt 3: Wir spielen es durch - Planspiel Genossenschaftsgründung

"Begleitet von der Expertin können Sie testen, wie eine Genossenschaft funktioniert - und vielleicht wird es ja sogar IHRE Genossenschaft?"

Die Frage, die im Untertitel der Ausschreibung des Workshops gestellt wurde, konnte am Ende von einigen Teilnehmenden mit einem klaren "Ja" beantwortet werden, zumindest wollen sie IHRE eigene Genossenschaft.

Eine der Teilnehmenden, die gründen wollen, ist Martina Neumann. Sie hat einen Biobauernhof mit Zackelschafen, Mangalitza- und Turopolje-Schweinen. Sie antwortet auf die Frage, warum Sie sich dafür engagiert eine Genossenschaft zu gründen: "Alleine schaffe ich nie so viel wie gemeinsam mit anderen. Vor allem ich als Bio-Bäuerin brauche Kooperationspartner und Partnerinnen. Ich wollte immer schon mit anderen zusammen arbeiten und win-win Situationen schaffen, doch es war nicht so einfach, die Leute zu finden. Ich hatte ja auch keinen Rahmen dafür. Mit der Genossenschaft geht das alles viel leichter. Wir können damit genau die Unterstützungsstrukturen aufbauen, die wir brauchen."

Teilnehmerinnen beim Workshop stehen in der Runde und diskutieren

Die Teilnehmenden der Entwicklungswerkstätte sind aktiv geworden, haben die Möglichkeit ergriffen und machen weiter. Das Projekt Gschäftsfraun macht es möglich.

Das Ergebnis: die burgenländische [Gschäftsfraun]-Genossenschaft?

Und, wird jetzt etwas daraus? Es sieht danach aus. Die ersten Gründungstreffen außerhalb der Entwicklungswerkstätten haben schon stattgefunden. Der Ablaufplan sieht vor, dass die Gründung im Herbst stattfinden soll. Bis dahin braucht es noch viele Vorbereitungsschritte, bis eine Genossenschaft konkret das Licht der Welt erblickt. Doch die Anfänge sind getan – dank dem Projekt [Gschäftsfraun] und dem ABZ*Team, natürlich auch Dank der Fördergeber*innen, dem Europäischen Sozialfonds und dem Land Burgenland.

Die große Frage ...

Es stellt sich die Frage: Wenn Genossenschaften so viele Chancen bieten – nämlich auch für kleine Unternehmen und Bäuerinnen, warum werden sie dann nicht mehr als unternehmerische Geschäftsform genützt? Vielleicht, weil kaum jemand weiß, was mit der Rechtsform Genossenschaft alles möglich ist? Weil es dafür doch sehr engagierte Menschen braucht, die aktiv werden und Verantwortung übernehmen? Vielleicht auch, weil der Gedanke für viele schwer vorstellbar ist, dass das höchste Ziel eines Unternehmens nicht (nur) die gute Bilanz ist sondern der Nutzen für alle Beteiligten – und dazu gehört natürlich schon auch ein angemessenes Einkommen, aber nicht nur.

Wie auch immer die Antwort ausfallen mag, die Teilnehmenden der Entwicklungswerkstätte sind aktiv geworden, haben die Möglichkeit ergriffen und machen weiter. Das Projekt Gschäftsfraun macht es möglich.