ABZ*AUSTRIA Gegenwartsgespräche mit Fatma Akay-Türker

22.10.2024 - 16:00 bis 17:00

Tabuisierte Themen zu Gender- und Geschlechtergerechtigkeit
in muslimischen Gesellschaften: Fatma Akay-Türkers Einsatz für muslimische Frauen

Das 14. Gegenwartsgespräch von ABZ*AUSTRIA bot einen tiefen Einblick in die Herausforderungen muslimischer Frauen in Österreich und die drängende Notwendigkeit, patriarchale Strukturen zu hinterfragen. Unter der Moderation von Manuela Vollmann und Daniela Schaller wurde mit großer Offenheit diskutiert, wie Gleichstellung in muslimischen Communities vorangebracht werden kann. Rekordverdächtige 70 Anmeldungen zeigten das enorme Interesse am Thema – ein starkes Signal dafür, wie dringend diese Debatte ist.

Fatma Akay-Türker – promovierte Historikerin und Doktorandin der islamischen Theologie – beeindruckte mit ihrem engagierten Vortrag zu „Tabuisierte Themen zu Gender- und Geschlechtergerechtigkeit in muslimischen Gesellschaften“, der sowohl die komplexen Tabuthemen in muslimischen Gesellschaften als auch deren historische und religiöse Wurzeln beleuchtete. Sie hob hervor, wie sehr patriarchale Strukturen die Gleichstellung blockieren, obwohl der Koran klare Prinzipien von Würde und Gleichheit aller Menschen vermittelt. Mit der Gründung der Muslimischen Frauengesellschaft in Österreich hat sie sich zum Ziel gesetzt, tabuisierten Diskursen eine Plattform zu geben.

Mentimeter-Ergebnis

Herausforderungen muslimischer Frauen aus Sicht des Publikums

Um das Thema greifbarer zu machen, starteten wir mit einer interaktiven Umfrage, durchgeführt über das Tool Mentimeter. Das Online-Publikum wurde gefragt: „Was sind die größten Hürden, vor denen muslimische Frauen in Österreich bzw. Wien stehen?“ Die Antworten spiegelten Herausforderungen wider, wobei das Kopftuch, Rassismus und Diskriminierung sowie die Erfahrung von Unterdrückung häufig genannt wurden (siehe Grafik).

 

Tabus im Fokus

Akay-Türker skizzierte eindrücklich die vielen Tabuthemen, die muslimische Frauen betreffen: von Geschlechterrollen über das Kopftuch bis hin zu sexueller Aufklärung und häuslicher Gewalt. Besonders bewegend war ihre Darstellung der historischen Veränderungen, durch die einst gelebte Gleichberechtigung in patriarchale Zwänge umschlug.

Sie zeigte auch auf, wie religiöse Deutungsmacht fast ausschließlich von Männern dominiert wird – eine Lücke, die Frauen mutig schließen müssen. Ihre Argumentation, dass der Koran Frauen zahlreiche Rechte zuspricht, wurde durch fundierte Beispiele untermauert.

Wissen, Vernetzung und Vorbilder

Das Gegenwartgespräch endete in einem dringenden Appell: Frauen aller Communities müssen sich zusammenschließen, um patriarchale Strukturen zu überwinden. Bildung, Vernetzung und mutige Vorbilder spielen dabei eine Schlüsselrolle. Es wurde auch diskutiert, wie feministische Bewegungen und die Unterstützung durch Organisationen wie ABZ*AUSTRIA diesen Weg aktiv begleiten können.

Besonders inspirierend war Akay-Türker persönliche Geschichte – eine Frau, die sich aus patriarchalen Zwängen löste und nun unermüdlich für Aufklärung kämpft. Ihr Buch „Nur vor Allah werfe ich mich nieder: Eine Muslimin kämpft gegen das Patriarchat“ dient dabei als wertvolles Werkzeug für Frauen, die lernen möchten, ihre Rechte im Islam besser zu verstehen.

Von Diskussion zu Handlung: Ideen für konkrete Maßnahmen

Dieser spannende Nachmittag bot nicht nur einen Raum für Diskussion, sondern auch die Möglichkeit, Ideen für konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Die Teilnehmer*innen waren sich einig: Das Engagement darf nicht hier enden. Erste Vorschläge, wie etwa ein themenspezifischer Podcast oder interkulturelle Mentoring-Programme, wurden diskutiert – eine hoffnungsvolle Perspektive.

Das 14. Gegenwartsgespräch von ABZ*AUSTRIA war ein eindrucksvoller Appell für Veränderung. Das Engagement von Fatma Akay-Türker und ihre klaren Worte hinterlassen nicht nur Denkanstöße, sondern auch den Aufruf, gemeinsam für Gleichberechtigung einzutreten. Ein Schritt nach vorn für eine gerechtere Zukunft.