Blog | Selbstbestimmt Lebensträume erfüllen

21.09.2017
Maria Grundner in ihrem Wohnzimmer. Ihr Baby sieht man im Hintergrund.

Maria Grundner: "Für viele ist es utopisch, als Frau mit Behinderung einen Kinderwunsch zu haben und diesen erfüllt zu bekommen."

Als Referentin für Barrierefreiheit bei der Mobilitätsagentur Wien setzt sich Maria Grundner dafür ein, den öffentlichen Raum für Menschen mit Behinderung besser zu erschließen.

Gerade genießt sie das Leben mit Baby in Karenz und nutzt ihre Kapazitäten, um sich weiter für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung einzusetzen. Über ihre persönlichen Erfahrungen hat sie im Interview gesprochen.

Was bedeutet es für Sie erfolgreich zu sein?

Maria Grundner: Lebensträume zu erfüllen. Ich wollte beruflich nach meinem Geschmack erfolgreich sein und eine funktionierende Familie haben. Diese Träume habe ich mir erfüllt. Jetzt gilt es sich neue Lebensträume zu kreieren.

Was ist für beruflichen Erfolg wichtig?

Ganz wichtig war für mich ein ehemaliger Chef, der mich wirklich gut unterstützt hat. Er hat mich tun und werken lassen, wie ich wollte, und mich bei dem, was ich gemacht habe, bestätigt. Das hat mich sehr motiviert und ich bin inhaltlich sehr weit gekommen. Wichtig ist auch, dass man seine eigenen Qualitäten und Talente gut kennt und sie einsetzt. Wenn man Freude daran hat, was man macht, ist man meistens auch gut darin und kommt beruflich weiter. Man darf nicht vor Herausforderungen zurückschrecken. Fleißige Menschen erreichen meist mehr.

Sie sind bei der Mobilitätsagentur als Referentin für Barrierefreiheit tätig (im Moment in Karenz). Wofür setzen Sie sich besonders ein?

Die Mobilitätsagentur hat eine sehr schöne Rolle. Ich verstärke die Stimme der Zivilgesellschaft in Richtung der Stadt Wien und berate die Stadt in Sachen Barrierefreiheit. So bin ich quasi eine Drehscheibe, die schaut, dass sich die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum weiterentwickelt. Dabei bemühe ich mich, Richtlinien weiter zu erarbeiten und Regelwerke zu erstellen. Ich bin auch lehrend an Universitäten und Erwachsenenbildungsstätten tätig und arbeite bei Publikationen mit, wo man dann nachlesen kann, was es heißt eine barrierefreie Umwelt zu gestalten. Konkret geht es im Straßenraum oft um Bodenbeläge, wie man leicht über die Straße kommt, wie eine Ampel gestaltet ist oder wie eine Rampe aufgebaut ist, um einen Höhenunterschied zu bewältigen.

Welche Rahmenbedingungen brauchen Frauen mit Behinderung, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können?

Der Schlüssel ist persönliche Assistenz. In Wien gibt es die Pflegegeldergänzungsleistung, die ermöglicht mir ein gewisses Kontingent, um eine persönliche Assistentin für mich anzustellen. Die Zeit kann ich mir frei einteilen, wenn ich Unterstützung im Alltag brauche, um auch alles mit Kind gut zu schaffen. Viele Personen haben zu wenig persönliche Assistenz. Ich finde, dass ist das allerwichtigste, um sein Leben so leben zu können, wie man möchte. Während meiner Karenz nutze ich meine Kapazitäten und setze mich dafür ein, dass diese Förderung weiterentwickelt wird.

Was würden Sie sich von der Gesellschaft wünschen?

Das ist eine gute Frage, weil das regional sehr unterschiedlich ist. Die Stadt Wien ist anders als der ländliche Raum. Für viele ist es utopisch, als Frau mit Behinderung einen Kinderwunsch zu haben und diesen erfüllt zu bekommen. Manche sehen es als normal, aber manchmal spürt man, wenn Leute nicht damit umgehen können. Manche hinterfragen auch die Talente, die man hat, weil man mit Behinderung lebt. In der Großstadt ist man anonymer und nur von einem engen Kreis von Bekannten umgeben, die einen gut kennen. Am Land ist das anders, da kriegt man das direkter mit. Wenn ich mit meinem Kind in der Stadt unterwegs bin, habe ich manchmal schon eigenartige Begegnungen. Am Land fehlt noch die Sichtbarkeit von Frauen und Männern, die mit Behinderung leben und erfolgreich im Berufsleben stehen. Sie sind dann oft Leuchttürme, die in den Himmel ragen, und leider keine Selbstverständlichkeit oder Normalität. Jeder und jede sollte die Möglichkeit haben, einen Lebenslauf genauso zu schaffen, wie jemand, der keine Behinderung hat.