Blog | Diversitätsmanagement - vom Wunsch zur Umsetzung

23.05.2019
Gruppenbild: Expertinnen und Experten

Die Expertinnen und Experten bringen verschiedene Erfahrungen und Expertisen zum Thema Diversity mit.

Vereinte Kräfte für eine diverse Unternehmenskultur

"Diversity - vom Wunsch nach Vielfalt zur Realität in der Umsetzung" - die Schilder im Foyer der Raiffeisen Bank International leiten nicht nur den Weg zur heutigen gemeinsamen Veranstaltung von ABZ*AUSTRIA und der Raiffeisen Bank International, sondern verraten bereits das Thema des Nachmittags. Die vielen Expertinnen und Experten und die zahlreich erschienenen Interessierten sind alle mit einem Ziel gekommen: Sie wollen über die verschiedenen Facetten von Diversität sprechen.

"Diversity - vom Wunsch nach Vielfalt zur Realität in der Umsetzung" - Video-Screen im Foyer der Raiffeisen Bank International

"Diversity - vom Wunsch nach Vielfalt zur Realität in der Umsetzung"

Und sie werden mit Sicherheit nicht enttäuscht sein. Nach einer herzlichen Begrüßung beim Empfang und anfänglichem Netzwerken eröffnet Gastgeberin Andrea Sihn-Weber mit ihrer Begrüßung den Nachmittag. Doch was bedeutet Diversity denn eigentlich genau, diese Frage wirft die Leiterin für Group Sustainability Management der Raiffeisen Bank International auf. War es früher noch ein Thema, mit dem sich wenige Unternehmen beschäftigt haben, wird es zunehmend immer bedeutender. Dies unter anderem durch seine Vielschichtigkeit: gesellschaftliche Veränderungen, Fachkräftemangel, Überalterung der Bevölkerung, Migrationgsströme, Globalisierung, digitale Transformation und Demografiewandel – all diese Themen haben etwas mit Diversität zu tun. "Diversität zu leben, heißt nicht nur, mehr Frauen ins Management zu bringen, es gibt ganz verschiedene Themen in der Diversität und wir wollen Frauen und Männern ermöglichen, dass sie ihr Lebensarbeitszeitmodell auf ihre Lebenssituation anpassen können."

Fachvortrag: Der Mut zur Veränderung

Nach den einführenden Worten übergibt Andrea Sihn-Weber an Sita Mazumder, Professorin für IT und Wirtschaft an der Hochschule Luzern. "Das Thema ist riesig und sehr facettenreich. Wäre es einfach, könnten wir es einfacher lösen", beginnt sie ihren Fachvortag mit einem Augenzwinkern. Eine Problematik, die sie sieht ist, dass bei vielen Unternehmen zwar der Wille zur Diversität da ist, es jedoch an der Umsetzung scheitert. "Wir wollen alle Diversität. Ich kenne keine Firma, die sagt, sie wollen das nicht. Aber es soll dann doch nicht zu unterschiedlich sein von dem, was man tut und selber denkt. Das ist eine menschliche Aktion und sehr oft gehen Kopf und Herz beziehungsweise Bauch auseinander. Das ist ein Spannungsfeld."

Welche verschiedenen Zugänge es zum Thema Diversität gibt, wieso es oft am Thema Gender festgemacht wird und wieso sich ein genauer Blick auf die verschiedenen Generationen am Arbeitsmarkt lohnt, erzählt sie dem anwesenden Publikum mit viel Wissen, Charme und einer großen Portion Humor. Die oft nickenden und lachenden Zuhörerinnen und Zuhörer bestätigen die Vortragende in vielen ihrer Aussagen und dieses Miteinander sorgt für eine angenehme Atmosphäre im Raum. Besonders wichtig festzuhalten ist Sita Mazumder, dass Diversitätsmanagement oft als belastender Kostenfaktor betrachtet wird. Hier betont sie, dass ein Umdenken stattfinden muss, da es sich viel eher um einen Investitionsfaktor handelt. Studien belegen, wenn Diversitätsmanagement richtig umgesetzt, gut überlegt und begleitet wird, dann bedeutet das für Unternehmen am Ende des Tages auch mehr Umsatz. Deswegen empfiehlt sie abschließend "Mit offenem Herzen und gutem Verständnis an das Thema herangehen. Das darüber Reden ist gut und wichtig, aber man muss es tun, man muss den Mut haben. Es ist ein 'Change', aber 'Life' ist nun mal ein 'Change'".

Das Publikum lauscht interessiert.

Am Ende der Diskussion haben die interessierten Anwesenden einen bunten Blumenstrauß an Erfahrungen, Inputs und neuen Ideen, wie man Diversität sichtbar, umsetzbar und nachhaltig machen kann.

Sechs ExpertInnen, sechs Blickwinkel

Nach dem spannenden Vortrag geht es nahtlos weiter zur Podiumsdiskussion. Geleitet wird diese von Edith Unger, Chefredakteurin der Raiffeisenzeitung. "Gerade diese Vielfalt macht unser Leben und unsere Arbeitswelt facettenreicher und interessanter. Viele Studien zeigen, dass Diversität die Kreativität erhöht und Innovation fördert. Diversität ist eine persönliche Bereicherung und für Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil. Aber wie gelingt die Umsetzung?" Mit diesen Worten eröffnet sie die Podiumsdiskussion. Und zu sagen haben die Expertinnen und Experten viel. Christian Friesl, Bereichsleiter Bildung & Gesellschaft in der Industriellenvereinigung, Petra Pointinger, Leitung Human Resources Austria in der Raiffeisen Bank International, Sita Mazumder, Professorin für IT und Wirtschaft an der Hochschule Luzern, Doris Partel-Niederreiter, GF/ CFO der Raiffeisen Informatik GmbH, Wolfgang Spreicer, Leiter der Software-Entwicklung Abteilung an der Technischen Universität mit Vaterkarenzerfahrung und Manuela Vollmann, Geschäftsführerin bei ABZ*AUSTRIA haben am Podium Platz genommen. Sie alle bringen verschiedene Erfahrungen und Expertisen zum Thema Diversity mit.

So unterschiedlich das Podium, so unterschiedlich sind auch die Aspekte des Themas Diversität, die während der Diskussion aufgegriffen werden. Petra Pointinger weiß aus der Praxis, dass sich der Blick auf das Thema Arbeit geändert hat und das nicht nur bei den jüngeren Generationen. "Es sind nicht nur die Jungen, die nach Sinn suchen und nach Aufgaben: Menschen wollen verstehen, für welche Unternehmen sie arbeiten und für welche Werte das Unternehmen steht. Was ist das Ziel des Unternehmens?" Flexible Arbeitszeiten, Home office-Optionen, das Team der RBI versucht, Gesellschaftstrends zu erkennen und zu adressieren. Wieso es wichtig ist, dass Diversität bereits in der Führungsebene vorgelebt wird und wie man sich in einem männerdominierten Bereich wie der Informatik als Frau durchsetzt, weiß Doris Partel-Niederreiter: "Man braucht ein Ziel vor Augen, einen internen Antrieb, um für etwas zu kämpfen mit Herzblut und Leidenschaft. Ich war immer mehr an den Inhalten als an der Funktion orientiert. Das hat mich Stück für Stück dort hingebracht, wo ich heute bin. Menschen, die einem Chancen einräumen, um sichtbar zu werden und die einem etwas zutrauen, sind auch wichtig", weiß die Expertin aus eigener Erfahrung.

Podiumsdiskussion mit Edith Unger, Christian Friesl, Petra Pointinger, Sita Mazumder, Doris Partel-Niederreiter, Wolfgang Spreicer und Manuela Vollmann

Die Podiumsdiskussion wird von Edith Unger, Chefredakteurin der Raiffeisenzeitung, geleitet. Es diskutieren: Christian Friesl, Petra Pointinger, Sita Mazumder, Doris Partel-Niederreiter, Wolfgang Spreicer und Manuela Vollmann

Von Väterkarenz, Pflege und Kulturschock in Unternehmen

Dass Karenz heutzutage schon lange nicht mehr nur Frauensache ist, das beweist Wolfgang Spreicer, der bei beiden seiner Kinder in Karenz gegangen ist. Für ihn war das wiederum eine Selbstverständlichkeit, wie er berichtet. "Warum macht 'Mann' Väterkarenz? Ganz klar, um Zeit mit den Kindern zu verbringen und um eine gewisse Art von gleichberechtigter Partnerschaft zu führen. Ich bin nicht das Super-Role-Model, aber es hat mir persönlich sehr viel gebracht. Denn die Karenz ist meiner Erfahrung nach nicht so die Herausforderung. Karenz heißt, ein Elternteil ist zuhause und kann sich ums Kind kümmern, schwierig wird es dann, wenn beide wieder arbeiten gehen", erzählt er aus seinem Elternalltag. Zustimmendes Nicken sowohl auf dem Podium als auch im Publikum. Auch Manuela Vollmann stimmt zu. Ein wichtiges Zukunftsthema sieht sie, neben der Karenz, in der Pflege. Hier den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Möglichkeiten zu schaffen, sich Auszeiten zu nehmen, ist ihr besonders wichtig. "Ich sehe auch immer eine Chance beim Thema Digitalisierung und künstlicher Intelligenz. Das sind wahnsinnige Treiber und gleichzeitig schwierige Geschichten. Wichtig ist es, technische Innovationen mit gesellschaftlichen Notwendigkeiten und mit sozialer Innovation zu verbinden. Es sind immer noch die Menschen, die damit umgehen müssen, man muss sie mit ihrer Vielfalt mitgestalten lassen." Alle Teilnehmenden sind sich einig: Diversität ist wichtiger denn je, aber warum sind wir nicht erfolgreicher bei der Umsetzung? Christian Friesl betont dabei, dass man sich der genauen Bedeutung von Diversität bewusst sein muss: "Das ist ein politisches Konzept, das beschäftigt sich mit individuellen und sozial strukturellen Dimensionen von Unterschiedlichkeit. Diversity bedeutet die Anerkennung von Anderssein und da sind wir weniger bei der Arbeitsorganisation, sondern mehr bei der Ethik und der Frage: Sind wir in der Lage, Andersartigkeit auch anzuerkennen und wertzuschätzen? Wenn das nicht gelebt wird, werden wir uns in den Unternehmen schwer tun." Zustimmen kann ihm dabei Sita Mazumder. Sie spricht dabei von einem Kulturwandel in Unternehmen. "Kulturwandel ist eine Herkulesaufgabe. Kultur ist sehr werte- und menschenorientiert. Kulturwandel kann auf zwei große Arten stattfinden: Es gibt die langsame Art, bei der ich mir einzelne Prozesse und Programme ansehe. Für den Kulturschock braucht es Mut und es muss in Krisensituationen schnell gehen." Unternehmen müssen sich dann mit ihren Zielen und Werten auseinandersetzen und jede Abteilung und jedes Ressort in den Prozess einbinden.

Ausklang und Vernetzung

Am Ende der Diskussion haben die interessierten Anwesenden einen bunten Blumenstrauß an Erfahrungen, Inputs und neuen Ideen, wie man Diversität sichtbar, umsetzbar und nachhaltig machen kann. Im Anschluss lässt es sich auch das Publikum nicht nehmen, seine Fragen zu stellen. Die begonnene Vernetzung wird dann bei reichhaltigem Buffet und einem Glas Wein abgeschlossen und beweist: Diversität zieht sich durch alle Lebensbereiche - eben auch bis zum Buffet.