Blog | Verkehrsdisponentin: "Kind und Karriere sind vereinbar"

27.09.2023
Sabina Bochsbichler hinter dem Lenkrad eines Busses.

Nach ihrer Karenz startete Sabina Bochsbichler voll durch: Zuerst als Teilzeit-Buslenkerin, dann als Verkehrsdisponentin bei Postbus.

Bei ihr würden wir sofort einsteigen! Sabina Bochsbichler inspiriert im Gespräch mit ABZ*AUSTRIA: Von der Buslenkerin zur Verkehrsdisponentin bei Postbus in der Steiermark

Die Welt ist im Wandel, traditionelle Geschlechterrollen und Stereotypen haben sich zunehmend aufgelöst. Frauen sind mittlerweile in allen Bereichen der Gesellschaft vertreten und arbeiten in Branchen, die früher von Männern dominiert waren. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist Sabina Bochsbichler. Sie ist Verkehrsdisponentin bei Postbus in der Verkehrsstelle Stainach und zuständig für 65 Buslenker*innen, 40 Busse und acht Garagen in der Obersteiermark. Sie sorgt u.a. dafür, dass die Busse regelmäßig zur Überprüfung in die Werkstatt kommen und sie regelt den Schienenersatzverkehr, falls es aufgrund von Unwettern oder z. B. Baustellen Einschränkungen im Zugverkehr gibt. Ihre Geschichte ist eine Quelle der Inspiration für Frauen, die sich für technische Berufe oder den Transportsektor interessieren.

Sabina Bochsbichler startete ihre berufliche Reise in der Gastronomie mit einer Ausbildung zur Hotel- und Gastgewerbeassistentin. Wegen mangelnder Aufstiegs- und Verdienstchancen suchte sie bald neue Herausforderungen: Ihre Entschlossenheit führte sie zur Abend-Handelsakademie, die sie berufsbegleitend absolvierte. Drei Jahre lang, dreimal die Woche von 20 bis 22 Uhr. Im letzten Schuljahr wurde sie schwanger. Die mündliche Matura legte sie zwei Wochen vor der Geburt ihres Kindes ab. Nie ließ sie sich von ihrem Ziel abbringen: „Ich wollte es durchziehen, wenn nicht jetzt, wann dann, habe ich gedacht“, erzählt Bochsbichler.

Radikaler Kurswechsel

Nach einer dreijährigen Karenzphase und der Trennung von ihrem Lebensgefährten entschied sich Sabina Bochsbichler für einen radikalen Kurswechsel: Sie machte den Führerschein zur Buslenkerin und begann in Teilzeit Busse für Postbus zu lenken. Als sich die Gelegenheit ergab, bewarb sie sich innerhalb des Unternehmens auf die Stelle einer Nachwuchsdisponentin und stieg in die Verkehrsdisposition ein. „Vormittags bin ich Bus gefahren, am Nachmittag war ich Disponentin im Büro. Dort musste ich mich beweisen, das hat mir niemand zugetraut, aber es hat mich motiviert, es durchzuziehen“, sagt Sabina Bochsbichler. Nachdem ihr direkter Vorgesetzter das Unternehmen verlassen hatte, stieg sie vor 1,5 Jahren von der Nachwuchsdisponentin zur Disponentin auf.

Verkehrsdisponentin Sabina Bochsbichler und Nachwuchsdisponent Hannes Winnerrother.

Verkehrsdisponentin Sabina Bochsbichler und Nachwuchsdisponent Hannes Winnerrother. Foto: ÖBB/Winnerrother

Vom Misstrauen zur Anerkennung

Die Anfangszeit als Verkehrsdisponentin war nicht einfach. Sabina Bochsbichler musste sich in einer von Männern dominierten Branche beweisen. Die Skepsis der Buslenker*innen (63 Männer, zwei Frauen) war spürbar. Es gab sogar eine Wette, wie lange sie durchhalten würde. Doch sie ließ sich nicht entmutigen. Die Zweifel und das Misstrauen dienten ihr als Ansporn, um ihren Weg weiterzugehen. Sabina Bochsbichlers Erfolg ist ein Beweis dafür, dass Geschlecht keine Rolle spielt, solange der Wille und die Entschlossenheit vorhanden sind.

Sabina Bochsbichler liebt ihre Arbeit aus vielen Gründen. Als Verkehrsdisponentin ist ihre Tätigkeit äußerst abwechslungsreich und kein Tag gleicht dem anderen. Sie schätzt es, als Frau in einem bisher von Männern dominierten Bereich zu arbeiten, sie ist gerne in der Werkstätte und beschäftigt sich mit den Prozessen dahinter: Die Busse und die Menschen hinter den Bussen. Ihre Leidenschaft für ihre Aufgaben zeigt, dass Frauen in technischen Berufen eine wertvolle Bereicherung sind.

Rat: Eigenen Weg gehen und Barrieren überwinden

Für Frauen, die sich für bisher von Männern dominierte Branchen interessieren, hat Frau Bochsbichler klare Ratschläge. Sie ermutigt dazu, sich nicht von Zweiflern abhalten zu lassen und die Skepsis als Ansporn zu nutzen. Ganz gleich, ob Mann oder Frau, der Wille und die Entschlossenheit sind entscheidend. Besonders jungen Müttern rät sie, beruflich mehr zu machen, auch wenn die Kinderbetreuung – fälschlicherweise – von vielen in Frage gestellt wird: „Kind und Karriere sind vereinbar, man muss den Mittelweg finden“.

Zukunftspläne

Für die Zukunft hat Sabina Bochsbichler klare Pläne: Sie möchte sich im Unternehmen weiterentwickeln und noch sattelfester werden. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, würde ihr in einigen Jahren ein Wechsel in die Verkehrsleitung Graz gefallen. „Aber am Ende meiner Karriere, wenn ich dann alles erreicht habe, möchte ich wieder einen Bus lenken“, so Bochsbichler.

Sabina Bochsbichler ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie Frauen in technischen Berufen und im Transportsektor erfolgreich sein können. Ihre Geschichte zeigt, dass der Weg zur Verwirklichung der eigenen Träume nicht immer geradlinig ist, aber mit Entschlossenheit, Mut und Leidenschaft können Frauen in jeder Branche Großes erreichen. Ihr Werdegang ermutigt uns, uns von Stereotypen nicht einschränken zu lassen und unseren eigenen Weg zu gehen. Frauen wie Sabina Bochsbichler beweisen, dass Erfolg keine Frage des Geschlechts, sondern des Willens ist.