Blog | Gender & Diversity - Bildungsberatung Österreich

19.04.2018
Bettina Sturm und Daniela Schallert lächeln in die Kamera.

"Gleichstellung heißt für uns, dass es für jedes Individuum gleich viele, gleichwertige und gleich relevante Handlungsmöglichkeiten gibt" sagt Daniela Schallert, Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA (rechts, neben Projektleiterin Bettina Sturm)

Gender und Diversity zu leben, steht bei ABZ*AUSTRIA am Tagesprogramm.

Aus den Erfahrungen die ABZ*AUSTRIA gesammelt hat, sind nun Standards formuliert worden, die in der Broschüre "Bildungsberatung Österreich; Gender und Diversity; Standards kennen, anwenden, nutzen" auch anderen Organisationen bei ihrer täglichen Arbeit helfen sollen.

ABZ*AUSTRIA Geschäftsführerin Daniela Schallert und Projektleiterin Bettina Sturm verraten mehr über den Entstehungsprozess der Broschüre und die verwendeten Modelle.

Gleichstellung & Chancengleichheit

Gleichstellung und Chancengleichheit sind das Credo bei ABZ*AUSTRIA. Die Entwicklung von nachhaltigen, wertorientierten Lösungen für komplexe Herausforderungen ist dabei nur die logische Schlussfolgerung. So auch bei der Entstehung der neuen Broschüre, die in enger Zusammenarbeit mit den Landesnetzwerken entstanden ist. "Das ist die dritte Broschüre im Rahmen dieses Projektes. Wir haben theoretischer begonnen und arbeiten uns vor. Die erste Broschüre war sehr grundsätzlich der Kompetenzrahmen für Gender & Diversity, in der zweiten haben wir die Standards formuliert, die wir den Bildungsberater*innen zur Verfügung gestellt haben und in der dritten Broschüre geht es wirklich darum, von den Beispielen und den Erfahrungen ausgehend zu schauen, wie man es noch mehr in die Praxis bringen kann", fasst Daniela Schallert den Entwicklungsprozess zusammen.

Gender & Diversity? Gender & Diversity!

Eine Problematik, die Projektleiterin Bettina Sturm beobachtet, ist, dass die Begrifflichkeit "Gender & Diversity" in den letzten Jahren inflationär und teilweise auch nicht korrekt eingesetzt wurde. Dabei steht Gender für nichts anderes als soziales Geschlecht und Diversity für Vielfältigkeit. "In den letzten Jahren wurden darunter so viele Dinge zusammengefasst und man ist dadurch auch auf viele Widerstände gestoßen. Wenn man genauer hinsieht, ist es ein Thema, das Menschen sehr persönlich berührt. Das ist kein Thema, das man leicht abschieben kann. Da merkt man dann, dass es um persönliche Geschichten geht, weil es jede Person betrifft." Mit Feingefühl, viel Wissen und Kompetenz führt man deswegen Unternehmen und Entscheidungsträger an das Thema heran – die Moralkeule und der erhobene Zeigefinger bleiben bei den Workshops von ABZ* AUSTRIA zu Hause. Jede Person und jedes Unternehmen wird genau dort abgeholt, wo es steht, und die Angebote werden individuell angepasst.

Gleichwertige Handlungsmöglichkeiten für alle

"Gleichstellung heißt für uns, dass es für jedes Individuum gleich viele, gleichwertige und gleich relevante Handlungsmöglichkeiten gibt. Wir versuchen in unserer Arbeit, mit jeder Person so zu arbeiten, dass die Handlungsoptionen dieser Personen, Perspektiven und Potenziale so optimal ausgeweitet und entfaltet werden, ohne das Geschlechter oder diversitätsbezogene Barrieren, Rollen oder Zuschreibungen wirksam werden", erklärt Daniela Schallert die Ziele der Arbeit von ABZ*AUSTRIA. Diese Mission teilen die Mitarbeiterinnen dann in Workshops mit anderen. So auch in der Bildungsberatung. Hier war es vor allem die Aufgabe, auf blinde Flecken aufmerksam zu machen, erzählt Bettina Sturm. In der täglichen Arbeit Wahrnehmungssprünge durch Aha-Momente bei den TeilnehmerInnen zu erzeugen, ist dabei eines der Ziele, die der Projektleiterin besonders viel Freude machen. Oft geht es um unbewusste Prozesse, die es gilt, durch Achtsamkeit und Reflexion an die Oberfläche zu bringen.

Toolmix: "Das ist das Spannende – überall steckt Gender & Diversion drinnen." (Bettina Sturm)

Das gelingt dem Team durch verschiedene Tools und Methoden, die in der Broschüre praxisorientiert beschrieben werden. Die Persona-Übung hilft beispielsweise dabei herauszufinden, wie man eine bestimmte Zielgruppe erreichen kann. Wer die Diversity-Brille aufsetzt, der kann Gleichstellungsthemen immer wieder bewusst in den Fokus nehmen und reflektieren. Das Diversity-Rad, welches von ABZ* AUSTRIA weiterentwickelt wurde, dient Bildungsberater*innen als hilfreiche Grundlage, Strukturkategorien und damit zusammenhängende Prozesse und Mechanismen als für Bildungsentscheidungen wirkmächtige Faktoren im Blick zu haben. Bei der Ausarbeitung der Methoden und Tools war die enge Zusammenarbeit mit den Landesnetzwerken von großer Bedeutung. Gemeinsam wurde evaluiert, was aktuelle Themen und Problemfelder in der Bildungsberatung sind und wo ABZ* AUSTRIA anschließen kann. Den Bedarf erheben und dann Lösungen anzubieten, sieht Daniela Schallert dabei als besonders notwendig an. "Das ist generell unser Zugang, dort andocken zu wollen, wo die Person oder das Unternehmen steht. Was wird gebraucht? Es soll ja auch einen Nutzen haben. Die Person muss einen Nutzen darin sehen und verstehen, warum sie das tut."

"Wir mögen es gern ganzheitlich und umfassend." (Daniela Schallert)

Ganzheitlich zu arbeiten, war auch bei der Entstehung der Broschürenreihe wichtig. Deswegen wurde auch auf drei Ebenen gearbeitet: Netzwerkebene, Organisationsebene und Berater*innenebene wurden in den Prozess eingeschlossen. "Am Ende geht um die Person, die einen Rat sucht in der Bildungsberatung. Aber wir arbeiten mit den Berater*innen, die mit ihnen reden, mit den Organisationen, die die Strukturen für diese Berater*innen zur Verfügung stellen, und mit den Netzwerken, die die Organisationen bündeln."

Von der Theorie in die Praxis

Diesen Zugang spüren auch die Teilnehmer*innen der Workshops, wie Projektleiterin Bettina Sturm zu berichten weiß. Die anfängliche Abwehr gegen das Thema, die es bei manchen Unternehmen gibt, wird meist schnell abgelegt. "Ich glaube, ausschlaggebend sind zwei Sachen: Zum einen muss man aufpassen, dass man nicht mit der Holzhammer-Methode kommt, und zum anderen ist das Thema oft in einer Blase vermittelt worden, auf einer theoretischen Ebene. Hier haben wir es geschafft, in die Praxis zu gehen und die Berater*innen reinzuholen, um nachzufragen, was das für sie in der Praxis bedeutet." Übersetzungsarbeit leisten, Bildungsberater*innen einbinden und die berufliche Relevanz vor Augen führen, steht dabei auf dem Tagesprogramm.

Wissenstransfer durch praxisorientierte Broschüre

Bei der Entwicklung der Broschüre ist aber noch lange nicht Schluss "Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist eine ständige Weiterentwicklung. Nur weil man die Broschüre in der Hand hat, heißt das nicht, dass man alles weiß und das Thema abhaken kann. (lacht) Die Broschüre ist dazu da, Anregungen zu geben und aufzuzeigen, wo das Thema überall drinstecken kann und welche Tools und Methoden man verwenden kann. Aber wir sind ja auch bereits in der Weiterentwicklung, es gibt schon wieder neue Themen und Methoden, die wir überlegen", fasst Bettina Sturm die Zukunftsperspektiven zusammen. An der Motivation von ABZ*AUSTRIA wird es dabei nicht scheitern.

Die Broschüre entstand im Rahmen des Projekts Bildungsberatung Österreich. Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung.